Herz Jesu Fest

Autorin: Katja Süß

Nach dem Herzen Gottes

Auf dem Jakobsweg Anfang der 90er. Unsre dreiköpfige Pilgergruppe erreicht am Abend das Refugio einer spanischen Stadt. Müde und erschöpft sind wir, der Tag war lang, die Sonne heiß, die letzten Kilometer staubig und von Verkehr umbraust.

Freundlich begrüßt uns der Herbergsvater, zeigt uns, wo wir schlafen können und lädt uns in den Gemeinschaftsraum ein. Als wir ihn nach einer Weile aufsuchen, hat er warmes Wasser vorbereitet, damit wir unsere Füße darin baden können. Und dann kommt er nacheinander zu jedem von uns, trocknet uns die Füße ab, untersucht sie sorgsam und versorgt fachgerecht die Blasen, die wir uns gelaufen haben. Unterhalten können wir uns nicht, zu wenig kennen wir die Sprache des jeweils anderen. Und doch spricht, was der Hospitalero tut, deutlicher als jedes Wort es könnte.

Auf die Frage, wie unser Gastgeber heiße, antwortet man uns: “Jesús“. Als Vorname war mir das bis dahin nicht untergekommen, aber passender hätte es nicht sein können.

Natürlich war Jesús nicht Jesus – aber, so bin ich überzeugt, ein Mensch nach seinem Herzen und damit nach dem Herzen Gottes, ein Mensch wie ein Mensch, in dem Gott spürbar wird.

Mögen auch wir leben
als Menschen
nach dem Herzen Jesu

Verwurzelt
in der Gewissheit
geliebt zu sein

und

durchströmt
von der Gütekraft
Gottes

Text und Bild Katja Süß

Katja Süß ist Mitglied der Dominikusgruppe Speyer, einer dem Institut assoziierten Laiengemeinschaft.

Pfingsten 2016

Autorin: Annette Schulze

„Hast Du eigentlich noch alle Tassen im Schrank?“ so fragen wir, wenn uns jemand ziemlich verrückt erscheint. Eine freche Frage vielleicht, aber ein gutes Bild für Pfingsten, das Fest des Heiligen Geistes.

Die Tasse als Bild für uns Menschen: klein oder groß, bunt oder einfarbig, schlicht oder mit Goldrand, Teil eines Gedecks oder ein Einzelstück. Tassen sind so unterschiedlich wie wir Menschen auch. Aber gemeinsam ist ihnen ihre Aufgabe: sie sind dazu da, sich füllen zu lassen. Wenn eine Tasse voll ist, kann man nichts mehr hineingießen. Sie läuft dann über. Noch eine Verbindung zu uns Menschen: auch wir sind nicht mehr frei für das Leben, wenn wir bis zum Rand angefüllt sind mit Bildern, Gedanken, Plänen, Aufgaben und Sorgen. Dann haben wir keinen Raum mehr für das, was Gott möglicherweise für uns bereit hält.

Damit es also Pfingsten werden und Gottes Geist wirken kann: nehmen wir uns doch einmal eine Tasse aus dem Schrank und schauen sie uns genau an, spüren, was Leere und was Fülle für uns bedeutet, und füllen wir sie dann mit einem Getränk, das wir ganz bewusst kosten und genießen können…

Möge es uns gelingen, leer zu werden wie eine Tasse, damit Gottes Geist die Fülle des Lebens in unsere Leere hineingießen kann, auf dass wir LEBENDIG werden!

Osterweg

Autorin: Sr. Annemarie Kirsch OP

Das leere Grab
entdecken
in Trauer
sich abwenden
das Vergangene
erinnern
zum Alltag
übergehen
erfolglos
bleiben

Angesprochen
werden
einen Auftrag
erhalten
Fülle
erleben

Erkennen

Nach der Liebe
gefragt werden
sich zur Liebe
bekennen

Neu gesandt werden

nach Joh 21,1 ff

Foto: Sr. Annemarie Kirsch OP

Entwurf für ein Osterlied

Autorin: Sr. Annemarie Kirsch OP

Die Erde ist schön, und es lebt sich
leicht im Tal der Hoffnung.
Gebete werden erhört. Gott wohnt
nah hinterm Zaun.

Die Zeitung weiß keine Zeile vom
Turmbau. Das Messer
findet den Mörder nicht. Er
lacht mit Abel.

Das Gras ist unverwelklicher
grün als Lorbeer. Im
Rohr der Rakete
nisten die Tauben.

Nicht irr surrt die Fliege an
tödlicher Scheibe. Alle
Wege sind offen. Im Atlas
fehlen die Grenzen.

Das Wort ist verstehbar. Wer
Ja sagt, meint Ja, und
Ich liebe bedeutet: jetzt und
für ewig.

*Aus: Rudolf Otto Wiemer, Ernstfall. I.F. Steinkopf Verlag 1973

Es liegt an uns, wieweit der Entwurf des Osterliedes zu unserem Osterlied wird, und unsere Atmosphäre in neue Schwingungen versetzt, zum Lebenslied wird – das Licht des Ostermorgens bis in unsere Tiefen dringt.

Foto: Sr. Annemarie Kirsch OP

Dein Tod

Autorin: Sr. Annemarie Kirsch OP

Dein Tod
hätte genügen sollen
denen, die sich Christen nennen
Dein Tod
hätte enthalten können
alle Tode, die wir kennen

Dein Tod
hätte vereinen sollen
alle, die davon erfuhren
Dein Tod
hätte uns helfen können
alle Lebensangst zu nehmen

Dein Tod
hätte uns, wenn wir wollten
vorbereitet für das Leben
Dein Tod
hätte der Weg sein können
in das Leben ohne Tod

*Aus: Hildegard Wohlgemuth, Wen soll ich nach Rosen schicken? Peter Hammer Verlag 1971

Foto: Sr. Annemarie Kirsch OP