Weihnachten durchs Schlüsselloch

Autorin: Annette Schulze

Ein Blick durch’ s Schlüsselloch – auf einen Christbaum, festlich geschmückt mit brennenden Kerzen. Ein Blick ins Weihnachtszimmer. Aber die Tür bleibt verschlossen. Dabei sein ist nicht drin.

Weihnachten von außen betrachten müssen, weil die Tür zu ist. Vielleicht erleben Flüchtlinge es so, wenn sie in Deutschland die Weihnachtsvorbereitungen miterleben, ohne selbst eine Vorstellung davon zu haben, wie dieses Fest in den Familien gefeiert wird.

Ganz sicher erleben sie es so, dass ihnen die Türen nicht offenstehen – weder in die Häuser noch in die Herzen der Menschen, in deren Land sie nun leben. Voller Hoffnung auf ein besseres Leben sind sie aufgebrochen – aus dem Krieg und der Gewalt in ihrer Heimat nach Europa, wo ihnen die Türen auch nicht einfach so geöffnet werden.

Wenn wir Weihnachten feiern, steht ein kleines Menschenkind im Mittelpunkt – ein Menschenkind, das gleich nach seiner Geburt fliehen musste, um zu überleben. Wenn wir Weihnachten feiern, steht die Hoffnung im Mittelpunkt, dass Leben möglich ist, wenn wir Türen öffnen – außen wie innen.

Singen wir nicht nur „Macht hoch die Tür…“, sondern machen wir sie tatsächlich weit auf, unsere Herzenstüren, damit Gott ankommen kann, nicht hinter verschlossenen Türen, sondern ganz wirklich und menschlich bei uns.

Text: Annette Schulze (Klinikseelsorge BG Unfallklinik Ludwigshafen)
Foto: fotocommunity mathies_mani

Sterne am Band

Autorin: Annette Schulze

Sterne am Band,
Symbole des Lichts und der Hoffnung – aufgereiht und zusammengebunden und alles andere als frei.

So erlebe ich mich und andere manchmal im Advent. So vieles gehört einfach dazu: ein bisschen Deko im Haus und im Garten, ein paar Weihnachtskarten, Geschenke – und natürlich die Plätzchen – für den Duft und die Stimmung. Aber davon hängt der Advent und auch das Weihnachtsfest nicht ab.

Es stellt sich keine adventliche Vorfreude ein, wenn alle Aufgaben abgehakt und Erwartungen erfüllt sind. Es ist eher so, dass ich mich dann ziemlich erledigt auf‘s Sofa fallen lasse und mich frage, was denn früher die Faszination dieser Zeit ausgemacht hat.

Angebunden, eingebunden fühle ich mich in die Traditionen und Verpflichtungen, die sicher ihren Wert haben, aber doch nicht alles sind.

Advent – die Ankunft Gottes erwarten – in meinem Leben. Schön, wenn ich ihm ein selbstgebackenes Plätzchen anbieten kann, aber viel wesentlicher, dass ich ihm ein Plätzchen in meinem Leben anbiete. Mich nicht verliere in Vorbereitungen und Äußerlichkeiten, sondern seine Ankunft überhaupt bemerke, dass ich wach bin für meinen Alltag, für den Menschen, dem ich begegne, für diesen Augenblick.

Dann kann mich auch ein Plätzchenstern erinnern an die Ankunft in Bethlehem und an das Licht in der Nacht, das auch mich einlädt, das Dunkel hinter mir zu lassen und „licht“ zu werden, „licht“ und lebendig.

Text: Annette Schulze (Klinikseelsorge BG Unfallklinik Ludwigshafen)
Foto:gänseblümchen/ pixelio.de

Novembersegen

Autorin: Katja Süß

möge
da die tage kürzer werden
das vertrauen
auf das licht in uns wachsen
das keine nacht auslöscht

möge
da die nächte länger werden
die gewissheit in uns wach bleiben
dass das dunkel
nicht die ganze wahrheit ist

möge
da die kälte zunimmt
uns die glut des herzens wärmen
die die asche des zweifels und der mutlosigkeit
nicht zu ersticken vermag

möge
da die blätter fallen
unser blick
den unverstellten
himmel wahrnehmen

Text und Bild: Katja Süß, Lehrerin an einem Koblenzer Gymnasium und Mitglied der Dominikusgruppe Speyer, einer dem Institut St. Dominikus angegliederten dominikanischen Laiengemeinschaft.

Zerbrechliche Gefäße sind wir

Autorin: Katja Süß

„Gott ist in unseren Herzen aufgeleuchtet…
Diesen Schatz tragen wir in zerbrechlichen Gefäßen.“ (2. Kor 4)

Zerbrechliche Gefäße sind wir, unsere Körper, unsere Psyche, unser menschliches Sein.

Zerbrechliche Gefäße sind auch unsere Strukturen und Institutionen, unsere Regeln, unsere Ämter, unsere Gebäude, die wir formten, um den Schatz tragen zu können: Dem Wandel der Zeit unterworfen, dem Werden und Vergehen.

Was wir halten wollen, zerbricht oder wird zur Fessel, was wir aus der Hand zu geben vermögen, kann sich wandeln und auch im Morgen gute Dienste leisten.

Wo wir auf unsere Zerbrechlichkeit sehen, schwinden Mut und Kraft und Hoffnung, wird es eng ums Herz, beginnt die Angst nach uns zu greifen, werden wir kleinmütig und kleingeistig, jetztvergessen und zukunftsunfähig.

Wo wir den Schatz wahr-nehmen, den wir tragen dürfen in unseren zerbrechlichen Gefäßen, jenen Schatz, der uns anvertraut ist, jenes Feuer, das brennt und doch nicht verbrennt,und das wächst, wenn wir es teilen, jenen Glanz, der in unseren Herzen aufleuchten, durch unsere Hände weitergetragen werden will und noch durch die Risse unserer Gefäße in die Welt kommt,

mag sein, da wird möglich, was wir nicht zu glauben und zu hoffen wagten.

Text und Bild: Katja Süß, Lehrerin an einem Koblenzer Gymnasium und Mitglied der Dominikusgruppe Speyer, einer dem Institut St. Dominikus angegliederten dominikanischen Laiengemeinschaft. Text und Bild entstanden zum Generalkapitel des Instituts St. Dominikus 2016

Neuland betreten

Autorin: Sr. Annemarie Kirsch OP

Gott gab Abraham den Auftrag „Zieh weg aus deinem Land…in das Land, das ich dir zeigen werde…. Ich werde dich segnen….Ein Segen sollst du sein…“(Genesis 12,1u.2)

Ist das nicht auch die Aufforderung Tag für Tag an uns?

Ich bin eingeladen, Neuland zu betreten.

Das heißt:
Augen auf,
Ohren auf,
Nase auf,
alle Sinne auf,
Herz auf,
offen sein.

Was will Gott mir an diesem Tag zeigen?
Ich gehe mit dem Segen Gottes in den neuen Tag.
So werde ich Segen sein.

Foto: Sr. Annemarie Kirsch OP