Entwurf für ein Osterlied

Autorin: Sr. Annemarie Kirsch OP

Die Erde ist schön, und es lebt sich
leicht im Tal der Hoffnung.
Gebete werden erhört. Gott wohnt
nah hinterm Zaun.

Die Zeitung weiß keine Zeile vom
Turmbau. Das Messer
findet den Mörder nicht. Er
lacht mit Abel.

Das Gras ist unverwelklicher
grün als Lorbeer. Im
Rohr der Rakete
nisten die Tauben.

Nicht irr surrt die Fliege an
tödlicher Scheibe. Alle
Wege sind offen. Im Atlas
fehlen die Grenzen.

Das Wort ist verstehbar. Wer
Ja sagt, meint Ja, und
Ich liebe bedeutet: jetzt und
für ewig.

*Aus: Rudolf Otto Wiemer, Ernstfall. I.F. Steinkopf Verlag 1973

Es liegt an uns, wieweit der Entwurf des Osterliedes zu unserem Osterlied wird, und unsere Atmosphäre in neue Schwingungen versetzt, zum Lebenslied wird – das Licht des Ostermorgens bis in unsere Tiefen dringt.

Foto: Sr. Annemarie Kirsch OP