Gedanken zum Fest der Darstellung des Herrn

Autorin: Sr. Carola Kuhn OP

Als Kind mochte ich das Fest Maria Lichtmess – heute Fest der Darstellung des Herrn –  nicht. Ich trauerte, weil der Weihnachtsschmuck weg-, der Christbaum abgeräumt wurde und die Krippe in der großen Kiste verschwand. In der Kirche durfte ich helfen, die Figuren auf den Pfarrhausspeicher zu tragen. Am liebsten hätte ich noch einmal alles berührt, weil es für mich ein echter Abschied von Weihnachten war. Ich wollte diese Zeit mit der schönen Musik, den Weihnachtsgeschichten und -gedichten, den Weihnachtsliedern festhalten.

Das wiederholte sich jedes Jahr und über viele Jahre. Schließlich wurde die nachweihnachtliche Zeit noch verkürzt und das Kirchenjahr ließ keinen Zweifel, dass mit dem Fest der Taufe des Herrn – Sonntag nach dem Dreikönigsfest – die Weihnachtszeit zu Ende ist, auch wenn Stefan Langer schreibt, dass der 2. Februar eigentlich erst „die Abrundung von Weihnachten“ sei.

Aufmerksam stellte ich im Laufe der Zeit fest, dass der Gedanke, wenigstens etwas von Weihnachten festhalten zu wollen, mir in Geschichten und Liedern begegnete,
z. B. in der Geschichte vom Nachweihnachtsengel:
Einer von vielen Weihnachtsengeln durfte zurückbleiben auf dem Schreibtisch, um Weihnachtsfreude für das ganze Jahr zu schenken, oder
z. B. im Lied „Stern über Bethlehem“ wo es in der letzten Strophe heißt:
Stern über Bethlehem, kehr´n wir zurück,
steht noch dein heller Schein in unserm Blick,
und was uns froh gemacht, teilen wir aus.
Stern über Bethlehem, schein auch zu Haus.

Viele Jahre liegen nun zwischen der kindlichen Vorstellung und heute, es könnte immer Weihnachten sein.
Das Fest „Maria Lichtmess“ heißt seit der Liturgiereform “Darstellung des Herrn“. Dieses Fest gehört wesentlich zu Weihnachten.

Das Geheimnis dieses Festes kann prägnanter nicht ausgesagt werden, als es Anselm Grün in seiner Schrift „Heilendes Kirchenjahr“ schreibt:

„Maria opfert ihr Kind dem Herrn. Sie übergibt es Gott. Sie lässt es los und empfängt es wieder neu. Das ist ein Symbol für unsere Menschwerdung. Wir müssen das Wertvollste, das wir empfangen haben, das göttliche Kind in uns, weggeben… Wir dürfen es nicht festhalten. Wir haben kein Anrecht auf die Geburt Gottes in uns, auf das Kind in uns. Wir müssen es erst hergeben, um empfangen zu können …. Das Fest der Darstellung des Herrn zeichnet uns unseren Weg der Selbstwerdung voraus.“

„Wir müssen uns selbst verschenken, um uns zu gewinnen.
Wir müssen alles hergeben, um alles zu bekommen.“

Zitat aus:
„Heilendes Kirchenjahr“ von Anselm Grün OSB / Michael Reepen OSB, Vier-Türme-Verlag Münsterschwarzach.

Bildquelle:
Presentation at the Temple. Stained glass window in St.Michael Cathedral. Toronto. Author: Mayer Co of Munich.