Trotzdem

Strahlend schön und aufrecht, dem Himmel entgegen wachsend – so stellt man sich eine Sonnenblume vor. Auf dem Feld oder im Garten begegnen sie uns jetzt und schenken uns etwas von ihrem Leuchten, wenn wir sie betrachten.

In meinem Garten habe ich im Frühling Sonnenblumenkerne gesät und dann gespannt gewartet, wie sie sich entwickeln. Ein Pflänzchen von den „Gelben Riesen“ ist schon bald nach dem Keimen umgeknickt und lag auf dem Boden. Ich hab versucht, es mit einem Pflanzstab zu unterstützen, aber das half auch nicht lange. Also hab ich schon damit gerechnet, dass diese Sonnenblume wohl verkümmern würde. Dann aber entwickelte die liegende Pflanze eine große Blüte – und irgendwann, ohne jede Hilfe – wuchs sie dann nach oben. Natürlich ist sie nicht so hoch geworden wie die anderen, aber sie blüht trotz ihres unglücklichen Starts dem Himmel entgegen, wie auf dem Foto zu sehen ist.

Für mich ist sie ein Wunder: natürlich ist jede Sonnenblume einzigartig und schön, aber diese eine, halb liegende und halb aufrechte Blume erinnert mich im Moment jeden Tag neu daran, dass ich nicht aufgebe, nicht aufgeben muss, wenn ich vor Herausforderungen gestellt werde. Selbst wenn mich ein Schicksalsschlag aus der Bahn geworfen hat und ich am Boden liege, scheinbar ohne jeden Ausweg – selbst dann gibt es noch Möglichkeiten, Wege, die ich noch entdecken und gehen kann. Auch wenn ihr Stiel zur Hälfte auf der Erde liegt, ist diese Blüte doch eine Pracht, die mir ins Bewusstsein ruft, wie schön das Leben ist. Trotz allem, was dagegen spricht. Trotz allem, was nach unten zieht, was mich und uns belastet oder bedrückt… Trotz allem leuchtet sie wie eine kleine Sonne, ungeachtet dessen, ob sie dem Bild der perfekten Sonnenblume entspricht.

Ich denke, ich kann mir einiges bei ihr abschauen…
Sie vielleicht auch…?

Text und Foto : Annette Schulze Pastoralreferentin, Klinikseelsorgerin,   Geistliche Mentorin