Autorin: Annette Schulze
Dankbar sein – da kommt mir gleich die Frage “wofür?” in den Sinn.
Wofür danken, wenn ich doch meinem Lebensgefühl nach nichts
bekomme?
Wenn es sich anfühlt, als würde mir immer wieder etwas genommen werden …
?
Wofür danken, wenn eine Beziehung auseinander geht?
Wofür danken, wenn der Körper nicht mehr funktioniert wie bisher?
Wofür danken, wenn ich fürchten muss, in der Gleichgültigkeit und Aggressivität um mich herum unterzugehen?
All diese Fragen und Gefühle sind berechtigt. Leben ist nicht glatt, einfach und nett.
Der Rebstock, manchmal auch „Knorzen“ genannt, zeigt uns die Mühen
und auch die Härte des Lebens im Bild auf. Er ist knorrig, gebogen,
beschnitten, und er ist brüchig,
nicht einfach nur stark oder hübsch anzusehen. Und trotzdem bringt
er auf seine unscheinbare Weise Früchte hervor – saftig und süß.
Vielleicht kann das Bild des Weinstocks uns anregen, zu danken …
für den Geschmack, für die Farben, für die Fülle des Lebens, die uns
begegnet – in Trauben und Blumen und Menschen.
Vielleicht können wir trotz aller Fragen „DANKE“ sagen. Trotz allem
Negativen die Perspektive des Beschenktwerdens einnehmen.
Trotz allem, was dagegen steht, dem Leben trauen, weil es uns
einlädt, lebendig zu sein, zu bleiben, zu werden…
Text: Annette Schulze (Klinikseelsorge BG Unfallklinik Ludwigshafen)
Foto: Friedbert Simon (www.pfarrbriefservice.de)