Als ich vor ein paar Wochen aus dem Urlaub zurückkam, habe ich die Hälfte der Klamotten ungetragen wieder weggeräumt. Genauer gesagt, habe ich sie erstmal gewaschen, getrocknet, zusammengelegt und dann wieder weggeräumt. Unnötig mitgenommen. Vorsichtshalber. Viel zu viel eingepackt. Wieder mal. Dabei habe ich mir schon so oft vorgenommen, dass mir das nicht noch mal passiert. Immer wieder nehme ich zu viel mit. Noch eine Jacke, ein Paar Schuhe, wenn es dauernd regnen sollte. Socken, falls es kühl wird. Und ein Tuch – für den Hals – oder den Kopf wegen der Sonne… Und dann noch was zum Lesen und das Strickzeug, was so lange schon nicht fertig wird. Dabei finde ich im Urlaub Bücher und Wolle und so viele schöne Ideen, dass die Zeit unterwegs gar nicht reicht, alles auszuprobieren.
Wenn ich darüber nachdenke, klingt das total verrückt. Und gar nicht nach Urlaub und Entspannung. Ich verplane auch die Urlaubstage mit Ideen und Dingen, die ich erledigen will. Ich suche die Kontrolle – und für alle Fälle, die ich nicht kontrollieren kann, also das Wetter oder die Öffnungszeiten der Wollgeschäfte, packe ich vorsichtshalber mal „für alle Fälle“ alles ein. Obwohl ich nicht in die Wüste oder an den Nordpol gefahren bin, wo es vielleicht tatsächlich nicht alles zu kaufen gibt, was ich „brauchen“ könnte.
Also halte ich fest: ich kann nicht alles kontrollieren. Ich habe nicht alles im Griff. Das zeigt mir das Leben immer wieder, vor allem in den Überraschungen meines Alltags. Aber irgendwie schaffe ich es, damit umzugehen. Und in den Urlaubstagen merke ich, wie gut es mir tut, dass ich nicht alles in der Hand haben muss. Wie es sich anfühlt, wenn ich mal in den Tag hineinlebe, ohne zu planen und To-Do-Listen abzuarbeiten. Wie gut es mir tut, abzuschalten und zu entspannen. Selbst wenn das T-Shirt nicht zur Hose passt oder ich mal ein paar Socken von Hand wasche, weil es barfuß zu kalt ist.
Die wirklich wichtigen Dinge kann ich eh weder einpacken noch geschehen lassen. Den rot glühenden Himmel hinter den Wolken. Die nette Begegnung in der Teestube. Den Schmetterling, der sich vor mir auf dem Tisch niederlässt. Nichts davon habe ich in der Hand. Ich versuche, loszulassen. Die Sorge, dass etwas fehlen könnte in meinem Urlaub. Den Plan von der perfekten Auszeit. Die Idee von der schönsten Zeit des Jahres. Ich versuche, gelassener damit umzugehen. Gelassener mit mir umzugehen. Dazu ist mir ein Satz aus den Psalmen begegnet, der mich in einer neuen Formulierung aufmerksam macht: „Es gibt keinen Ort auf dieser Erde, an dem Gott nicht mit seiner Güte und Treue ist.“ Ganz gleich, wohin ich fahre, Gott ist da. Wo immer ich bin, Gott ist da. Ich kann loslassen – ent-spannen – frei werden – wo Gott ist, wo ich bin. Im Urlaub und auch zu Hause. Für alle Fälle… Ich versuche es. Jeden Tag neu.
Text: Annette Schulze (Klinikseelsorge BG Unfallklinik Ludwigshafen)
Bild: Sr. Annemarie Kirsch OP